Die Sicht eines Kartographen auf die Schließung von Dorfschulen: Der Fall der Grundschule Metsküla
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Jedes Thema lässt sich kartieren
GIS-Tag 2023
Auch wenn man argumentieren könnte, dass man sich jedem Thema mit einer Karte nähern kann, ist das nicht immer notwendig oder gerechtfertigt. Es gibt jedoch Fragestellungen, bei denen eine raumbezogene Perspektive unerlässlich ist – dazu gehören regionale politische Entscheidungen, wie etwa die Frage nach der Schließung von Dorfschulen.
Anlässlich des GIS-Tags 2023 (Geographie- und Geoinformatik-Tag) hielt Regios Püü Polma einen Vortrag darüber, welchen besonderen Blickwinkel ein kartographischer und geoinformatischer Ansatz auf solche Entscheidungen werfen kann – am Beispiel der Grundschule Metsküla. Da dieser Vortrag auch für ein breiteres Publikum von Interesse ist, veröffentlichen wir ihn nun im Blog von Regio.
Einleitung
Mein Name ist Püü Polma. Ich habe an der Universität Tartu Geoinformatik und Kartografie studiert und arbeite heute bei Regio – einem der wenigen privaten Unternehmen in Estland, das sich diesem Fachgebiet widmet und über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Erhebung, Verarbeitung, Analyse und Darstellung von Raumdaten verfügt.
Das Ziel meines Vortrags ist es, aufzuzeigen, welche zusätzliche Perspektive ein auf Raumdaten gestützter Ansatz bei der Behandlung komplexer Themen bieten kann. Ich veranschauliche dies am Beispiel der Grundschule Metsküla – einer kleinen Dorfschule, die von der Schließung bedroht ist.
Ich habe dieses Thema gewählt, weil ich persönlich damit verbunden bin und bereits einige Analysen und Karten dazu erstellt habe. Ich freue mich, dieses Material mit Ihnen zu teilen.
Ich möchte gleich zu Beginn klarstellen, dass dieser Vortrag keinen umfassenden oder objektiven Gesamtüberblick über die Debatte zur Schließung der Schule geben soll. Stattdessen konzentriere ich mich auf ausgewählte Aspekte, die sich im Kontext von Raumdaten sinnvoll behandeln lassen. Und da ich persönlich mit der Schule verbunden bin, kann ich mich auch nicht als vollständig neutraler Beobachter darstellen. Dennoch mindert das nicht die Aussagekraft der Fakten und Erkenntnisse, die sich aus den Daten ergeben haben.
Ich übernehme die volle Verantwortung für die Korrektheit der verwendeten Daten und der angewandten Analysemethoden. Alle zugrunde liegenden Datensätze sind öffentlich zugänglich und unter jeder Karte entsprechend angegeben.
Warum eine „kartografische Perspektive“?
Auch wenn der Titel des Vortrags auf die Sichtweise eines Kartografen verweist, fällt der Großteil der Arbeit – also das Suchen, Sammeln, Verarbeiten und Analysieren von Daten – eigentlich eher in den Bereich der Geoinformatik. Es ist oft schwierig, eine klare Grenze zwischen diesen beiden Fachgebieten zu ziehen, zumal sie für mich eng miteinander verflochten sind.
Ich stelle mich dennoch lieber als Kartograf vor, um diesem Berufsfeld mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Ich habe festgestellt, dass Gespräche meist schnell enden, wenn ich sage, ich sei Geoinformatiker – vielleicht klingt das zu technisch oder langweilig. Wenn ich aber sage, ich bin Kartograf, höre ich oft: „Gibt es das überhaupt noch? Die ganze Welt ist doch schon kartiert! Kennst du Google Maps nicht?“
Ein weiteres Ziel meines Vortrags ist es deshalb, zu zeigen, dass die Kartografie keineswegs ausgestorben ist und dass das Bedürfnis, die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln zu kartieren, keineswegs verschwunden ist. Ich würde sogar behaupten, dass man jedem Thema mit einer Karte begegnen kann. Die Frage ist natürlich, ob das immer notwendig oder sinnvoll ist. Beim heutigen Thema – der Schließung von Dorfschulen – bin ich aber überzeugt, dass räumliche Analysen und kartografische Darstellungen ein unverzichtbarer Bestandteil des Entscheidungsprozesses sein sollten.

Grundschule Metsküla
Die heutige Präsentation dreht sich um die kleine Grundschule Metsküla, die im Westen Estlands im Gebiet des Matsalu-Nationalparks liegt. Das nächstgelegene Zentrum, Lihula, befindet sich etwa 20 km entfernt, die Kreisstädte Haapsalu und Pärnu jeweils rund 70 km. Zurzeit besuchen 20 Schüler diese Schule. Wäre die drohende Schließung nicht im Raum gestanden, wären es heute 26 Kinder, und in den kommenden Jahren sogar über 30. Auch räumlich ist die Schule klein – und das über 100 Jahre alte Gebäude bietet nach heutigen Standards ohnehin nicht viel mehr Platz.
Auch wenn die Schule winzig ist, bedeutet das keineswegs, dass nur wenige Menschen von ihr betroffen wären. In abgelegenen Regionen erfüllt eine Schule eine weit größere Funktion als nur die eines Bildungsortes – entsprechend ist der Kreis der Betroffenen deutlich größer als nur die aktuelle Schulgemeinschaft und ihre Familien.
Gemeinde Lääneranna
Die zweite beteiligte Partei in dieser Geschichte ist der Schulträger – die örtliche Gemeinde Lääneranna. Zum Vergleich: Während die Grundschule Metsküla vor ein paar Sommern ihr 170-jähriges Bestehen feierte, wurde die Gemeinde Lääneranna erst vor wenigen Wochen sechs Jahre alt. Sie entstand im Zuge der letzten Verwaltungsreform durch den Zusammenschluss von zwei Gemeinden aus dem Kreis Lääne (Lihula und Hanila) und zwei Gemeinden aus dem Kreis Pärnu (Koonga und Varbla) und wurde Teil des Kreises Pärnu. Es steht außer Frage, dass diese Verwaltungsreform eine wesentliche Rolle in der aktuellen Situation spielt.

Das Schulnetz der Gemeinde Lääneranna
Die Karte zeigt das Schulnetz, das die neue Gemeinde von ihren Vorgängern geerbt hat. In den ersten vier Jahren nach der Gemeindefusion war dieses Netz durch die Fusionsvereinbarung geschützt. Ziel dieser Karte war es, das Schulnetz zu veranschaulichen und die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Schulen hervorzuheben.
Eine interessante Beobachtung bei der Erstellung dieser Karte: Man weiß nie, welche Perspektive sich ergibt, wenn man raumbezogene Daten kartiert. Nachdem die Schulstandorte eingetragen und die Verbindungen zwischen ihnen gezogen worden waren, erschien unerwartet die Form eines Schmetterlings auf der Karte. Sie passte so gut zum Kontext, dass die Karte einen klaren Titel bekam: „Gemeinsam fliegen wir hoch!““
Schulreform der Gemeinde Lääneranna
Diese Karte veranschaulicht auch die problematische Situation innerhalb der Gemeinde. Im März dieses Jahres beschloss der Gemeinderat eine umfassende Schulreform: Zwei der sieben Schulen (Lõpe und Metsküla) sollten geschlossen, in zwei weiteren Schulen (Koonga und Varbla) die Klassenstufen von neun auf sechs reduziert und in einer Schule (Virtsu) sogar von neun auf vier gekürzt werden.
Ein alternativer Vorschlag – die Reduzierung nur einer Schule (Lõpe) von neun auf sechs Klassenstufen sowie die Einrichtung eines gemeindeweiten „Bildungsbeirats“ mit externen Fachleuten – wurde vom Gemeinderat abgelehnt.

Die Argumente der Befürworter der Reform
Die Hauptbegründung für die Reform war, dass das Schulnetz an die sinkende Schülerzahl angepasst und frei werdende Ressourcen genutzt werden müssten, um die Kreditfähigkeit der Gemeinde zu stärken. Dies sei notwendig, da sich das Gebäude des Lihula Gymnasiums im Gemeindezentrum in einem so schlechten Zustand befinde, dass ein Neubau erforderlich sei. (Anmerkung: Das auf der Karte gezeigte Gymnasialgebäude existiert bisher nur auf dem Papier.) Ein weiteres Ziel der Reform ist die Erhöhung der Lehrergehälter an den verbleibenden Schulen. Laut den Befürwortern soll dies die Bildungsqualität verbessern – ein Anliegen, das auch im Reformvorschlag betont wird.
Die Argumente der Gegner der Reform
Da diese Form der Reform im Widerspruch zu den nationalen, regionalen und kommunalen Entwicklungsplänen sowie zum Koalitionsvertrag und den Wahlversprechen der regierenden Wählervereinigung steht, ist es wenig überraschend, dass viele Gemeindemitglieder dagegen sind.
Die Eltern aller fünf betroffenen Schulen fechten die Entscheidung gerichtlich an. Sie argumentieren, dass die im Reformvorschlag präsentierten Analysen fehlerhaft, einseitig oder teils sogar auf falschen Daten basieren. Zudem sei die betroffene Bevölkerung nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen worden.
Viele Einwohner sind der Ansicht, dass die Reform nicht nur den betroffenen Regionen schade, sondern langfristig die gesamte Gemeinde schwäche – durch die Abwanderung aktiver Menschen, die Zerschlagung von Gemeinschaften, die Schwächung der Zivilgesellschaft und die Behinderung gemeindeübergreifender Zusammenarbeit.
Mit meiner Metapher des Schmetterlings gesagt: Die Menschen befürchten, dass dieser Schmetterling mit gestutzten Flügeln nicht mehr hoch fliegen kann.
Widersprüche in den Argumenten zur Metsküla Grundschule
Eine genauere Betrachtung der Situation von Metsküla zeigt, dass die zentralen Argumente der Gemeinde nicht haltbar sind:
- Es handelt sich nicht um eine Schule mit rückläufigen oder geringen Schülerzahlen.
- Es bestehen keine nennenswerten Probleme beim Unterhalt des Schulgebäudes – im Gegenteil: Die Ausbildungskosten pro Schüler gehören zu den günstigsten in der Gemeinde und sind auch im landesweiten Vergleich konkurrenzfähig.
- Auch zur Bildungsqualität gibt es keine negativen Hinweise.
Die Metsküla Grundschule – Kostenfaktor oder Einnahmequelle für die Gemeinde?
Eine erste Analyse zeigt: Die Metsküla Grundschule ist nicht nur ein Kostenfaktor – sie bringt der Gemeinde auch Einnahmen.
Wegen der drohenden Schließung meldeten sich viele Gemeindemitglieder öffentlich zu Wort und erklärten, dass sie gerade wegen der Schule hierher gezogen seien, geblieben sind oder einen Umzug planten. Addiert man den Einkommenssteueranteil, der pro Person in den Gemeindebereich fließt, wird deutlich, dass die Schule durch diese neuen Bewohner finanziert wird. Bei einem Eigenaufwand der Gemeinde von etwa 40.000 € jährlich und einem Steuereinkommen von über 2.000 € pro Person pro Jahr würden bereits 20 solche Steuerzahler die Betriebskosten der Schule decken. Tatsächlich haben sich fast 40 Personen gemeldet, die aufgrund der Schule in der Gemeinde leben möchten oder bereits leben.
1408(1) x 0.1196(2) x 12(3) = 2020.76 €/a
(1) Durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen der Region
(2) Kommunaler Steueranteil
(3) 12 Monate

Angesichts der Tatsache, dass die Aussagen von Gemeindemitgliedern zu diesem Thema oft mit Skepsis aufgenommen werden – und unter Berücksichtigung dessen, dass Menschen, die mit dem Leben in abgelegenen Regionen weniger vertraut sind, möglicherweise nur schwer glauben können, dass allein die Existenz einer Schule einen so großen Einfluss auf die Wohnortwahl haben kann – habe ich versucht, räumliche Daten zu finden, die diese Behauptung untermauern könnten.
Ich stellte fest, dass das Statistikamt Estlands einen sogenannten „Kapazitätsindex“ entwickelt hat, um das Entwicklungspotenzial verschiedener Regionen des Landes zu beschreiben. Dieser Index bündelt mehrere wichtige Kennzahlen wie das Einkommen pro Kopf, die Arbeitslosenquote, den Anteil der Hochqualifizierten, die Zahl der Unternehmen pro Kopf, demografische Daten usw. Laut diesem Index gehört das Gebiet Matsalu rund um die Grundschule Metsküla zu den leistungsfähigsten Regionen der gesamten Gemeinde.
Berücksichtigt man zusätzlich, dass viele Kinder der Grundschule Metsküla tatsächlich weiter entfernt vom Schulstandort wohnen und einige der wegen der Schule zugezogenen Gemeindemitglieder nicht direkt im Matsalu-Gebiet leben, dann könnte der finanzielle Nutzen der Schule für die Gemeinde sogar noch größer sein, als es die Karte zunächst zeigt.

Dichte des Schulnetzes
Die Inspiration für diese Karte stammt von der führenden Bildungsbeamtin der Gemeinde Lääneranna, die wiederholt eine Aussage machte wie: „Wir haben nur 400 Kinder, aber 7 Schulen – das ist nicht normal, das ist nicht nachhaltig.“
Eine solche Aussage ist jedoch völlig aus dem räumlichen Kontext gerissen und bedarf eines ausgleichenden Gegenarguments, etwa: „Wir haben 1.400 Quadratkilometer und nur 7 Schulen – das ist nicht normal und ermöglicht keinen angemessenen Zugang zur Bildung.“
Um diesen Aspekt zu verdeutlichen und Vergleiche mit anderen Gemeinden zu ermöglichen, wurde eine Karte zur Dichte des Schulnetzes in estnischen Gemeinden erstellt. Diese zeigt, dass Lääneranna bereits vor der Bildungsreform eines der am dünnsten besetzten Schulnetze in Estland hatte. In der Gemeinde mit dem dichtesten Netz kommt eine Schule auf 1,5 Quadratkilometer; in Lääneranna hingegen deckt jede Schule fast 200 Quadratkilometer ab.
Die Karte macht auch deutlich, dass es in Estland eine Gemeinde mit einem mehr als doppelt so dünnen Schulnetz wie Lääneranna gibt – die Gemeinde Saarde. Es sei angemerkt, dass im Entwurf zur Schulreform tatsächlich eine gewisse räumliche Analyse enthalten war, die sich jedoch im Wesentlichen auf den Vergleich zwischen Lääneranna und Saarde beschränkte. Dies weckte das Interesse, die Thematik genauer zu untersuchen.

Vergleich der Gemeinden Lääneranna und Saarde
Die Gemeinde Lääneranna ist sowohl flächenmäßig als auch hinsichtlich der Bevölkerungszahl etwas größer als die Gemeinde Saarde, wobei sich die Größenordnungen insgesamt ähneln. Beim Vergleich der Bevölkerungsdaten fällt jedoch ein wesentlicher Unterschied auf: In Saarde ist die Bevölkerung stärker um zentrale Siedlungen konzentriert, während es mehr unbewohnte Gebiete gibt. Tatsächlich sind 67 % der Fläche von Saarde unbewohnt, in Lääneranna liegt dieser Anteil bei 59 %.
Noch auffälliger wird es bei den konkreten Zahlen: 74 % der Bevölkerung von Saarde leben im Umkreis von 5 km um eine der beiden Schulen der Gemeinde, während in Lääneranna nur 73 % der Bevölkerung innerhalb von 5 km von einer der ehemals sieben Schulen leben.
Veränderungen in der Bevölkerung von Saarde nach der Schließung der Schule in Tali
Ein Blick auf die Karte der Gemeinde Saarde zeigt, dass der Süden der Gemeinde zwar dichter besiedelt ist, sich dort jedoch keine Schule befindet. Tatsächlich befand sich in diesem Gebiet früher die Tali-Grundschule, die 2017 geschlossen wurde.
Eine Analyse der Bevölkerungsentwicklung nach der Schließung der Schule zeigt: Während die Gesamtbevölkerung der Gemeinde um 7 % zurückging, schrumpfte die Bevölkerung im Bereich Tali um 23 %. Besonders dramatisch war der Rückgang bei der Zahl der Kinder – in Tali sank diese um 50 %, während der Rückgang im gesamten Gemeindegebiet 13 % betrug.

Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus dem Vergleich der Gemeinden ziehen?
Erstens stellt sich unweigerlich die klassische „Henne-oder-Ei“-Frage:
Ist der Mangel an Schulen in der Gemeinde Saarde das Ergebnis einer stärker konzentrierten Bevölkerung? Oder ist die Bevölkerungsverdichtung (bzw. umgekehrt: die Entvölkerung der Randgebiete) möglicherweise die Folge davon, dass es dort weniger Schulen gibt?
Zweitens ist es berechtigt zu hinterfragen, ob die Gemeinde Saarde mit ihrem anderen Muster der Bevölkerungsverteilung überhaupt ein geeigneter Vergleichsmaßstab für Lääneranna ist – und ob sie angesichts ihrer sinkenden Bevölkerungszahlen, insbesondere dem starken Rückgang an Kindern und Jugendlichen, wirklich als ein nachahmenswertes Beispiel gelten kann.

Was fällt bei den Bildungsausgaben der Gemeinde Lääneranna besonders auf?
Immer wieder – besonders auf lokaler Ebene – muss ein hartnäckiger Mythos widerlegt werden: Nämlich die weit verbreitete Annahme, dass die Gemeinde Lääneranna einen außergewöhnlich großen Teil ihres Haushalts für Bildung ausgibt, was angeblich zulasten aller anderen Bereiche gehe.
Aus dem Zusammenhang gerissen mag es tatsächlich ungerecht erscheinen, dass fast die Hälfte des Gemeindebudgets in den Bildungssektor fließt. Vergleicht man die Zahlen jedoch mit anderen estnischen Gemeinden, zeigt sich, dass Lääneranna mit Blick auf den Fünfjahresdurchschnitt vielmehr durch relativ bescheidene Bildungsausgaben auffällt.
Während estnische Gemeinden im landesweiten Durchschnitt 47 % ihres Budgets für Bildung aufwenden, liegt dieser Anteil in Lääneranna deutlich darunter – nur 43 %. Dabei sind in dieser Zahl auch die Ausgaben für außerschulische Bildung enthalten, die in Lääneranna in den letzten Jahren überdurchschnittlich hoch waren – was bedeutet, dass für den Bereich der allgemeinen Schulbildung noch weniger Budget zur Verfügung steht.
Die Karte zeigt sehr deutlich die großen Unterschiede in der Fähigkeit und im Willen estnischer Gemeinden, in Bildung zu investieren..
Heatmap des estnischen Bildungsnetzes
Kehren wir erneut zum Thema Schulnetz-Dichte zurück – diesmal nicht in Form einer Choroplethenkarte, sondern als Heatmap. Die Karte verdeutlicht klar die Unterschiede im Zugang zur Bildung und die Vielfalt der Auswahlmöglichkeiten in den verschiedenen Regionen Estlands.
Besonderes Augenmerk gilt den gelben Punkten auf der Karte – sie markieren die Standorte staatlicher Gymnasien. In den letzten Jahren hat der Staat eine klare Linie verfolgt, die Oberstufe (Klassen 10–12) zunehmend zu verstaatlichen. Für abgelegene Gemeinden, die weit entfernt von staatlichen Gymnasien liegen und Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Oberstufen aufrechtzuerhalten, hat das Bildungsministerium zunehmend empfohlen, diese lokalen Gymnasialstufen zu schließen. Zwischenzeitlich wurden solche Schließungen sogar finanziell gefördert.
Stellt man sich nun vor, dass Lääneranna das Gymnasium in Lihula schließen würde, hätte das zur Folge, dass Schüler*innen aus Metsküla (und fast allen anderen Teilen der Gemeinde) nach dem Abschluss der 9. Klasse ihr Zuhause verlassen müssten, um weiter zur Schule zu gehen. Die nächsten staatlichen Gymnasien sind etwa 70 km entfernt. Etwas näher liegt zwar die Kullamaa Keskkool (50 km), doch auch diese ist zu weit für den täglichen Schulweg und zudem noch kleiner – und damit wahrscheinlich ebenfalls von einer Schließung bedroht.
In Anbetracht der Pläne des Ministeriums, die Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr anzuheben, ist damit zu rechnen, dass es immer häufiger zu Situationen kommt, in denen Schüler*innen gesetzlich gezwungen sein werden, ihre Heimatregion zu verlassen, einfach weil es keine geeignete Schule in erreichbarer Nähe mehr gibt.

Warum ist es wichtig, im Zusammenhang mit Dorfschulen auch über Gymnasien zu sprechen?
Die Aufmerksamkeit auf die Problematik von ländlichen Gymnasien zu lenken, ist im Kontext der Erhaltung von Dorfschulen von großer Bedeutung. Sie hilft, das verzweifelte Bemühen der Kommunen in Randregionen zu verstehen, Wege zu finden, die Oberstufe (10.–12. Klasse) vor Ort zu erhalten.
Während die Eltern der Schüler*innen der Metsküla Grundschule für den Erhalt ihrer Schule kämpfen, kämpfen sie gleichzeitig auch für den Fortbestand des Gymnasiums in Lihula, wo ihre Kinder nach der Grundschule weiterlernen würden.
Diese Verzweiflung wurde wahrscheinlich durch die Haltung des Bildungsministeriums verstärkt, das möglicherweise nicht vollständig nachvollziehen kann, wie wichtig das Vorhandensein eines Gymnasiums für die lokale Bevölkerung ist. Wie auch bei Dorfschulen handelt es sich dabei nicht nur um eine Bildungsfrage – es geht darum, die Lebensfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten der Region langfristig zu sichern.
In ihrer Verzweiflung übersehen Kommunen womöglich, dass man ein Gymnasium nicht erhalten kann, indem man Dorfschulen schließt. Im Gegenteil: Sie schaden sich damit selbst. Kurzfristig mag sich ein finanzieller Vorteil auf dem Papier abzeichnen, doch in einigen Jahren könnte es in den Randgebieten der Gemeinde nicht mehr genügend Schüler*innen geben, und das Gymnasium wäre trotzdem von der Schließung bedroht.
Abschließend
Auch wenn die Heatmap des Schulnetzes die letzte Karte dieser Präsentation ist, gäbe es noch viele weitere Aspekte, die man zu diesem Thema visualisieren könnte – und sollte. Doch man muss sich auch der Realität stellen: Es bringt wenig, qualitativ hochwertige Materialien zu erstellen, wenn die Entscheidungsträger*innen diese Daten nicht sehen wollen, und diejenigen, die sie sehen möchten, keine Entscheidungsbefugnis haben.
Es ist geradezu erstaunlich, dass so weitreichende Reformen und politische Entscheidungen auf unvollständigen, einseitigen oder gar falschen Daten beruhen dürfen – und dass das juristisch vollkommen zulässig ist. Zum Vergleich: Bei der Planung bedeutender Infrastrukturprojekte schreibt das Gesetz eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor, doch bei regionalpolitischen Maßnahmen ist nicht einmal eine grundlegende Sozial- oder Finanzfolgenabschätzung erforderlich.
Mit einem positiven Ausblick möchte ich schließen: Ich hoffe, dass diese Fallstudie und die öffentliche Diskussion, die sie ausgelöst hat, in Zukunft ähnliche Fehlentscheidungen verhindern helfen. Und ich glaube fest daran, dass wir uns als Gesellschaft auf einen Weg zu daten- und analysengestützten Entscheidungsprozessen begeben – bei denen das Fachgebiet, das uns heute hier zusammengeführt hat – Geoinformatik und Kartografie – eine zentrale Rolle spielen wird.